Autarkie oder eher Insellösung?

Solar und Windkraft auf einem CampingwagenViele denken über ein „autarkes“ Leben in ihrem Tiny House nach, wobei es oftmals bei der Interpretation zu Missverständnissen kommen kann. Allein der Begriff „Autarkie“ wird wahrschenlich von vielen Menschen falsch interpretiert. Hier die Wikipedia-Definition:

Autarkie ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit eines Privathaushalts, einer Region oder eines Staates durch die vollständige oder teilweise Selbstversorgung mit Gütern und Dienstleistungen.

Ist das wirklich so gemeint oder wird hier nur mit falschen Begriffen um sich geworfen? Was wäre denn „wirtschaftliche Unabhängigkeit konkret? Ist ein abhängiger Arbeitsplatz dann überhaupt noch sinnvoll?, Benötige ich meine eigene Plantage mit Landarbeitern für die komplette Selbstversorgung? Schere ich meine Schafe für die Wolle selbst? Baue ich mein Auto selbst? Heile ich meine Kinder selbst? Das ist in der modernen Gesellschaft natürlich völliger Unsinn.

Und tatsächlich ist ja eigentlich nur die energetische Abhängigkeit gemeint, die aber hierzulande mit dem Begriff „Insellösung“ bezeichnet wird. Das klingt vielleicht nicht so schön wie „Autarkie“ und wird deshalb wohl auch gerne von Herstellern als Verkaufsargument für Dinge genutzt, die zumindest zweifelhaft wenn nicht  sogar ökonomisch und ökologisch unsinnig sind.

Und dann gibt es bei der „Insellösung“ auch noch höchst unterschiedliche Vorstellungen und Interessen:

Die Einen möchten damit den Unterschied zu einem Wohnwagen oder Wohmobil definiert wissen, um auf Campingplätzen nicht auf Gemeinschaftsanlagen wie Toiletten, Duschen oder Waschcenters angewiesen zu sein oder ihr Kaffeewasser vor dem Frühstück aus dem nächsten öffentlichen Wasseranschluss beziehen zu müssen, weil sich der „Frischwasser“-Tank dafür selbstredend verbietet. Diese Form der „Autarkie“ macht genau ein Rolling Tiny House aus, denn es ist ein richtiges Haus mit typischen Versorgungsanschlüssen, das trotzdem noch mobil ist.

Andere würden gerne unabhängig von kommerziellen Anbietern für Strom und Wasser ihr Leben in einem Tiny House verbringen. Dem stehen jedoch die baurechtlichen Regelungen in Deutschland sehr deutlich entgegen. Wer ein Tiny House als Wohngebäude zum Dauerwohnen nutzen will, wird eine Baugenehmigung benötigen und die kann nur auf voll erschlossenen Grundstücken mit Anschlüssen für Strom, Wasser und Abwasser erteilt werden, die auch tatsächlich angeschlossen werden müssen. Baurechtlich sind Insellösungen also nur in Ergänzung zu den öffentlichen Anschlüssen möglich. Ein „legalisierbares“ Tiny House muss daher stets alle öffentlichen Anschlüsse ermöglichen, wie es bei unseren Rolling Tiny Houses der Fall ist.

Darüber hinaus gilt für Insellösungen (auch wenn’s ein wenig hart klingen könnte):

  • Je kleiner die Anlagen, desto relativ teurer, ineffizienter und unökologischer sind sie.
  • Die Dachflächen eines Tiny House sind im Allgemeinen äußerst begrenzt. Wenn überhaupt sollten Autarkiesysteme nicht auf das Minidach sondern möglichst neben dem Tiny House aufgestellt werden. Ein Rolling Tiny House hat ohnehin eine maximal zulässige Höhe von 4,0 Metern, so dass selbst eine 5 cm höhe Photovoltaik-Analge nichts mehr obendrauf passt.
  • Photovoltaik-Kleinstanlagen bieten keine Lösung ohne massive Einschränkungen des Lebensstandards. Für eine stabile Energieversorgung wird zudem ein Speichersystem benötigt, das mehrere 100 kg wiegen kann. Für größere PV-Anlagen gilt zudem eine Anschlusspflicht an das öffentliche Netz, um überschüssigen Strom in das öffentliche Netz einspeisen zu können.
  • Hauswindkraftanlagen (kurz: HWKA) bieten aufgrund der unzuverlässigen Windverhältnisse keine stabile Energieversorgung. Es werden auch dafür stets schwere Speichersysteme benötigt. Zudem verbieten sich HWKAs auf Baugrundstücken zumeist allein aufgrund von Geräuschentwicklung, Schlagschatten und Abstandsregelungen zu den Nachbarn.
  • Grundwasser darf in Deutschland nicht ohne behördliche Genehmigung als Trinkwasser genutzt werden. Besonders gefährlich kann es werden, wenn eigene Bohrungen vorgenommen werden, bei denen ganze Trinkwasserreservoirs kontaminiert werden können. Gleiches gilt für Wasser aus Flüssen und Seen.
  • Regenwasser ist grundsätzlich für die Verwendung als Trinkwasser verboten.
  • Holzkamine verbieten sich in der Regel schon aufgrund der hohen Feinstaub-Emissionen. Für eine offizielle Betriebserlaubnis (logische Folge einer Baugenehmigung) wären teure Filtersysteme erforderlich. Auf Campingplätzen sind Holzkamine allein schon wegen der Gefahr des Funkenfluges grundsätzlich verboten.
  • Trenn- oder Komposttoiletten für das Abwasser erfüllen bestehende Umweltschutzgesetze nicht. Entweder herrscht grundsätzlich eine Anschlusspflicht an die öffentliche Abwasserversorgung oder der Grundstücksbesitzer muss eine vollwertige Abwasserlösung z.B. mit einer Hauskläranlage sicherstellen, die durch die untere Wasserbehörde abgenommen und zugelassen wird, damit sichergestellt ist, dass keine Verunreinigungen in die Umwelt gelangen können.

Unsere Erkentnis lautet daher: Minianlagen mögen sicherlich bei Wohnwagen einen gewissen Sinn ergeben, wenn auf Reisen ein wenig Strom für Notebook oder iPhone benötigt wird. Ökologisch und ökonomisch sind sie auch da nicht sondern sind nur reine Notversorgung. Als alleinige Versorgungssysteme zum Dauerwohnen in einem Tiny House sind sie nach deutschem und europäischem Recht grundsätzlich nicht geeignet.

Unsere Empfehlungen lauten daher:

  • Nutzen Sie einen Anschluss an das öffentliche Stromnetz und schließen Sie einen Versorgungsvertrag mit einem ökologisch ausgerichteten Stromanbieter (z.B. schwedische Wasserkraft). Die können es besser und günstiger und Sie haben trotzdem etwas für die Umwelt getan.
  • Sammeln Sie Regenwasser und speisen Sie damit Ihre Toilette und die Waschmaschine. Wir bieten eine optionale Vorrüstung, um eine handelsübliche Regenwasseranlage direkt an die innenliegende Regenrinne vom Rolling Tiny House anschließen zu können. Da allerdings ein Tiny House-Dach sehr wenig Regenwasser sammeln kann, sollten Sie ein automatisches Nachfüllen durch Leitungswasser sicherstellen, damit die Hebeanlage nicht trocken läuft.
  • Nutzen Sie Solarthermiesysteme um Heißwasser zu produzieren. Wir bieten eine hervorragende Mini-Solarthermieanlage „Tiny Solar“ an, die Sie neben dem Tiny House oder auf einem Carport bzw. Gartenhäuschen aufstellen können.
  • Sofern auf Ihrem Grundstück kein Abwasser-Anschlusszwang an das öffentliche Netz bestehen sollte, errichten Sie eine Pflanzenkläranlage (PKA). Diese muss allerdings von der unteren Wasserbehörde zugelassen werden und wird regelmäßig überprüft, damit keine Abwässer in die Umwelt gelangen.
  • Wenn Sie eine PKA einsetzen, können Sie das gereinigte Abwasser ebenfalls für Toilette und Waschmaschine wiederverwenden. Verbinden Sie es mit der Regenwasseranlage, weil Regenwasser allein vom kleinen Tiny-House-Dach in der Regel nicht ausreichen wird.
  • Setzen Sie grundsätzlich einen Luft-Wärmetauscher (siehe Sonderausstattungen) ein, um Ihr Tiny House permanent zu lüften und gleichzeitig einen Großteil der Abwärme zurückgewinnen zu können. Das spart Heizenergie und -kosten und verhindert Schimmelbefahl im Haus, was ca. 90 % aller Schäden in Tiny Houses verursacht.
  • Als Heizsystem nutzen Sie den elektronisch gesteuerten Pelletofen „Tiny Heating“. Der verfügt über einen Außenluftanschluss und einen für Tage ausreichenden Pellet-Tank, lässt sich temperaturgenau steuern, vermeidet hohe Feinstaub-Emissionen einfacher Holzkamine und heizt trotzdem CO2-neutral.
  • Wenn Sie Ihren Energieverbrauch nachhaltig senken möchten, bestellen Sie Ihr Rolling Tiny House mit Wärmeschutznachweis gemäß GEG vormals EnEV2016 und Sie nutzen die derzeit technisch besten Möglichkeiten nachhaltig im Tiny House zu leben.

Abschließend sollte nicht vergessen werden, dass fast alle Maßnahmen zur Insellösung mit erheblichen Investitionskosten verbunden sind. Wer also glauben sollte, dass Ökologie zum Billig-Tarif möglich sei, ist definitiv auf dem Holzweg. Ein Tiny House mit ausgeprägten Insellösungen kann den Gesamtpreis ohne weiteres um 20-30.000 € erhöhen, ohne dass sichergestellt ist, ob und wann sich diese Investitionen tatsächlich einmal amortisieren könnten.

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